Ich bin vor zehn Jahren in einer Bibliothek sehr zufällig über Joan Aiken gestolpert. Bis dahin wusste ich überhaupt nicht, dass ich ‚Regency‘ (Period Novels) mag.
Die englische Schriftstellerin lebte 1924-2004, schrieb Gedichte, Zeitungsartikel und etwa 50 Romane für Kinder und Erwachsene. Ihr Stil geht ins lyrische, vor allem ihre Regency Romane haben eine märchenhafte Note, die wörtliche Rede und die inneren Monologe wahren einen Feinsinn und bergen dennoch einen überraschend gar medisanten Unterton.
Ihre immer wiederkehrenden Themen: Feminismus, Frauenfreundschaften und vielfältige Lebensmodelle im viktorianischen England.
Wollte ich so zu schreiben lernen, musste ich einfach alles von ihr lesen und mich wieder und wieder von ihren Regency-Frauen verzaubern lassen.
Ich weine selten beim Lesen, aber wenn ich Aiken lese, fließen die Tränen - weil es so schön ist. Das Entzücken, das die Magie ihrer Romane dieses Genres in mir auslöst, war dermaßen beflügelnd, dass ich eine für mich damals riesige Barriere in Angriff nahm: Ich begann, Bücher auf Englisch zu lesen.
‚The Girl from Paris‘ (Das Mädchen aus Paris) war das erste, es folgte ‚Jane Fairfax‘. Jawohl: ‚Emma‘ aus Sicht der »Gegenspielerin«.
Einige ihrer Bücher würden wir heutzutage stolz Jane Austen Fanfictions nennen.
Dank Ms Aiken gelang es mir, das Lernfenster in meinem Hirn aufzubrechen, welches ich bis Mitte 20 als zugenagelt betrachtet hatte.
Sie hat mir die (aktuelle) Weltsprache zugänglich gemacht, mir, die sich damals für einen hoffnungslosen Englischfall hielt. Dabei hatte ich offenbar einfach nur das richtige Lehrmittel gebraucht.
Heute stellt es für mich kein Problem mehr dar, Bücher auf Englisch zu lesen und die ganz eigene Magie dieser Sprache genau wie die meiner Muttersprache zu ergründen, zu vergleichen und damit zu spielen.
Joan Aikens Schreibzimmer, eine kleine Laube in ihrem geliebten Garten, kann man heute noch in Sussex besuchen. Ihr literarischer Nachlass und einige Notizen werden von ihrer Tochter Lizza Aiken verwaltet und betreut. Es ist auf jeden Fall ein Traum von mir, eines Tages dorthin zu reisen und hoffentlich ihren Geist nachzuspüren.