Du musst nur an dich glauben, dann kannst du alles erreichen.
Sei du selbst. Alle anderen sind schon vergeben.
Kreiere das, was deinem Geschmack entspricht. Wenn du mit dem Herzblut dabei bist, werden es andere Menschen auch lieben.
So wurde ich erzogen. Dann kam ich in die Schule. Dann das Studium. Und je älter ich wurde, und umso mehr fremde Personen ich traf, die mein Leben mitgestalteten, desto klarer wurde es:
Individualität als unwiderstehlicher Magnet ... das ist Bullshit!
Menschen wollen Schubladen! Sie haben Angst vor Unbekanntem. »Eeeh, das kenne ich nicht, also mag ich es erstmal nicht!« Sehr viele Menschen sind sehr, sehr dumm. Zirka 12,6% allein in
Deutschland.
»Dann mache es wie J.K. Rowling und kreiere einen neuen Trend.« Jaaa, genau so mache ich das! Haha, hab ja sonst nichts mit meinem Leben vor.
Ich hab mir wirklich Mühe gegeben. Durchgehalten. An mich geglaubt, an mein Talent. Dachte, ich muss nur noch härter arbeiten, nur weitermachen. Immer wieder aufstehen ...
Doch irgendwann auf dem Weg - der so etwa die letzten sieben Jahre meines Lebens bedeutet und mit etwa dreißig Absagen nach tatsächlichen Vertragsanbahnungen einherging - verließ mich die
Energie.
Ich saß vor dem Bildschirm, und während ich schrieb, und dann schließlich nur noch versuchte zu schreiben, fragte ich mich Dinge wie: »Wird sich das verkaufen?« »Wer wird das mögen?« »Was ist die
Zielgruppe?« »Werde ich das im Lektorat nicht ohnehin umschreiben müssen, um die Marktchancen zu verbessern?«
Ich weiß nicht, wie es anderen Schriftstellerinnen geht, aber mir hat das ziemlich die Leidenschaft vergräzt.
BF nannte es treffend: »Du wurdest offensichtlich in deiner Schreibpersönlichkeit erschüttert.«
Irgendwann starrte ich das weiße Blatt an und nichts ging mehr. Meine neue Heldin mit einem halbfertigen Plot stand in den Startlöchern, doch ich fragte mich, ob sie wirklich so wundervoll war,
wie ich sie fand und immer noch finde.
Ein fertiger Roman lag zeitgleich im Ordner. Publizierbar, aber nur wenn ich das zuvor abgesegnete Konzept komplett umstoße und nicht mehr die Geschichte erzähle, die ich erzählen wollte.
Das war es. Das war das Ding, das zu viel war. Ein K.O. Ich blieb liegen ...
Ich war so traurig.
Traurig, weil ich nicht schrieb.
Nicht schrieb, weil ich traurig war.
Dabei ist Schreiben das, was mich als Einziges in der Welt richtig glücklich macht. Ein Teil von mir - viel mehr das, was ich bin - war dabei zu zerbrechen.
In meiner Traurigkeit zog ich die Reißleine.
Letzter Ausweg: alles anders ...
Für wen schreibe ich? Für Verlage? Für Leser*innen? Für den Verkauf?
Ich bin Schriftstellerin, ich lebe, weil ich schreibe. Also musste die Frage lauten: Für wen lebe ich? Für mich! Damit hatte schließlich einst alles angefangen.
Ich konnte noch nicht mal schreiben, da habe ich schon geschrieben – Geschichten erfunden, Wörter gebaut, Heldinnen geschaffen. Weil es mich glücklich macht. Ich schreibe für mich. Und so soll es
bleiben.
Besser gesagt: So soll es wieder werden, denn ich bin dabei meine Schreibpersönlichkeit wiederzufinden. Ein Schritt war, aus dem Buchvertrag rauszukommen.
Schön ist anders, wie ihr euch vorstellen könnt, doch ich habe auch das geschafft.
Ein nächster Schritt wird sein, mir Reaktionen auf: »Wie viel verkaufst du?«, zu überlegen. Aber das versuche ich ohnehin schon seit Jahren, nicht an mich ranzulassen.
Vermutlich ist Glücklichsein eine ganz gute Basis, um sich ein dickes Fell wachsen zu lassen .
Ich will nicht für den Markt schreiben. Nicht mehr.
Ich will feministische Liebesromane schreiben, und eine Fantasy-Anthologie über Kaiserinnen, und Grimms Märchen in der nicht allzu fernen Zukunft, und … ach soviel so viel, von dem ich jetzt
schon weiß, dass Verlage mir sagen werden: »Mimimimimi. Das verkauft sich aber nicht!«
Dann werde ich es ihnen nicht anbieten! Ich werde MICH nicht mehr anbieten.
Ich bin Autorin - ich will doch nur schreiben :)