Als eine der vielen Symptome von PMS erfreuen sich Frauen auch an Mastodynie, deren Namen ich erst seit Kurzem benutze und der ich diesen Artikel widme. Denn aus Gründen habe ich mich in den letzten Tagen im Selbstversuch intensiv mit meiner beschäftigt.
Alle paar Wochen überrascht mein Körper mich mit einer grundlegenden Veränderung. Er wird weich, aufgedunsen, schwer, empfindlich. Mache ich normalerweise eine
schlanke, agile Figur, bremst mich diese Zeit doch arg aus.
Ich verhüte u.a. mit der Hormonspirale, Nebenwirkungen des weiblichen Zyklus bleiben mir also weitestgehend erspart. Ich will gar nicht wissen, wie sehr die
Mastodynie mich heimsuchen würde, wäre ich all naturell unterwegs!
Richtig bewusst wurde sie mir erst nach und nach, seitdem ich Sport mache. Denn es fällt schon auf, wenn der Körper - sonst sportlich und straff - plötzlich zum
Marshmallow anschwillt. Wir reden von 3-7 Kilo Wassereinlagerungen, die sich fröhlich in Schenkeln, Füßen, Fingern, Brüsten und Bauch sammeln. Die einfach passieren, egal wie brav ich
bin. Dafür sorgen, dass ich mir meine Lieblingsklamotten nicht passen. Dass ich meinen Ring nicht anstecken kann. Dass sich Zysten im Brustgewebe bilden, anschwellen und sehr schmerzhaft
ausstrahlen. Dass meine Brüste schwer sind und immer wehtun vor allem bei Berührung, so dass ich eigens für diese Tage größere und superbequeme BHs anschaffen musste. Und in die ich abends
Kühlpackungen packe, um mich wenigstens kurz zu entspannen.
Ich konsultierte meine Ärztin diesbezüglich vor fünf Jahren zum ersten Mal. Sie empfahl mir Tröpfchen. Und aushalten.
Die Tröpfchen (Mastodynon) halfen nur in einem gewissen Grad. Ich belas mich selbst und stieß irgendwann auf die Erkenntnis, dass es einigen Frauen hilft, in dieser
Zeit Genussmittel wegfallen zu lassen. Ich, die schon keine Tiere isst, nicht raucht, nicht säuft, sollte nun also auch noch auf Schoki und Kaffee verzichten. Einen Versuch war es wert. Ich ließ
meine beiden besten Freunde weg und ... wurde knatschig, fraß haufenweise Gummitiere als Ersatzhandlung, aber das Symptom trat tatsächlich schwächer auf. Dennoch hielt es so zwei Wochen lang
an.
Genervt kaufte ich, als es das nächste Mal kam, Entwässerungsdragees. Die, die es in der Drogerie gibt. Stärkere wollte mir die Apothekerin ohne Rezept nicht geben.
Außerdem trank ich massenweise Brennnesseltee. Doch es half nichts, trotzdem ich ständig aufs Klo rannte.
Meine Ärztin erzählte mir wieder nur was vom Aushalten, so schlimm kann es schließlich nicht sein. Normalerweise ist sie ziemlich cool und fortschrittlich,
darum enttäuschte mich ihre Sicht an der Stelle schon sehr.
Ich ging also zu meinem Hausarzt, der immer mal ganz gute Ideen außerhalb der Schulmedizin hat, der gerne über den Tellerrand schaut. Als ich ihm von den
Entwässerungskuren erzählte und dass ich gerne ein Rezept für eine stärkere hätte, erlitt er fast einen Herzkasper. Sofort wurde mein Blutdruck gemessen, der ohnehin stets niedrig ist. Dann wurde
ich etwas gerügt. Eine Frau meiner Statur bringe sich ernsthaft in Gefahr, wenn sie auch künstlich noch entwässert.
Die Oberschwester nahm mich an die Seite, befühlte meine Schienbeine und sagte: »Schauen Sie, hätten Sie Entwässerung nötig, wären die ganz dick. Elefantenbeine.
Bei Ihrem Blutdruck und Ihrer Figur sind wir doch so froh, dass Sie ausreichend trinken. Brennnesseltee erlaube ich Ihnen. Aber bitte keine Dragees mehr, ja?«
Mit hängenden Ohren verließ ich die Praxis, die Dragees liegen seitdem unangetastet in der Medizinschachtel.
Letzten Sonntag merkte ich, dass es wieder losging. Ausgerechnet in meiner Urlaubswoche sollte es keinen Kaffee und keine Schoki geben!
Für den nächsten Tag war ich mit Katja bei Ikea zum Frühstück verabredet. Ich verzichtete also brav auf den Gratiskaffee und die Schokoeierkuchen, nahm nach unserm
Einkauf in dem schicken Café im Gewächshaus keinen Milchkaffee und fühlte mich heldenhaft. Stattdessen konsumierte ich die anderen Süßspeisen vom Frühstück und sehr viel lecker
Rührei.
Zuhause begann ich dann die eingekauften Möbel aufzubauen, meine Heizung in ein Vintage-Kunstwerk zu verwandeln, Fenster zu putzen, rumzurennen. Was ich eben im
Urlaub so mache. Doch als ich nicht mal die Hälfte der geplanten Arbeiten geschafft hatte, erschlug mich die Müdigkeit.
Sie ist ein weiteres Symptom von Mastodynie. Ich beobachte, dass ich in dieser Zeit sehr behände vorankomme, vieles zu schnell zu anstrengend wird, ich oft
schwitze. Zu dem Zeitpunkt war meine Statur aber recht normal. Bis auf meine schweren Brüste und den kleinen Bauch hatte ich gedacht, ich habe es im Griff, weil ich doch ganz brav auf Kakao und
Koffein verzichte.
Ich ließ die Arbeit Arbeit sein und bettete mich für ein Schläfchen aufs Sofa. Die Katze kam dazu, alles war schön. Als ich drei Stunden später erwachte, war ich
der Blob.
Mein Körper war so schwer und starr, dass ich Probleme hatte, aufzustehen. Meine Klamotten waren komplett durchgeschwitzt, mein Bauch aufgebläht wie ein
Wasserballon, jedes Glied tat weh. Ich schleppte mich ins Bad, was ich im Spiegel sah, war einfach nur krass.
Während ich mir Frauen-Balance-Tee und Brennnesseltee kochte, konsultierte ich Frau Google. Diesmal fragte ich sie nach den Symptomen, sie spuckte mir die Begriff
Mastodynie aus, den ich ab dann erst als Wort auch benutzte. Ich las innerhalb von einer halben Stunde etwa zehn Fachartikel, die ich in der Konstellation aus Begriff und Symptomen fand. Sie alle
unterschieden sich etwas, in Hinsicht auf die Tipps zu Besserung.
Doch was sie alle einten: Viele, etwa sechs von zehn Frauen leiden darunter. Es gibt keine Pille dagegen. Die Damen werden darum gebeten,
auszuhalten.
Wie so oft ist es die Aufgabe der Frau, zu erdulden. Ich stellte mir kurz vor, wie das wäre, wenn dies ein typisches Männerleiden wäre. Seit Jahren wäre irgendein
geiler Chemiecocktail auf dem Markt, der mir ermöglicht, mein normales Leben in meinem normalen Tempo fortzuführen. Dank dem ich z.B. ganz einfach laufen gehen kann und nicht wegen zu
schmerzender Brüste verzichten muss.
Die Artikel wiesen neben den sogenannten Genussmitteln jeweils auf andere Nahrungsmittel hin, die das Symptom verschlimmern.
Ich möchte hier nun keine Quellenangaben erbringen müssen, denn was ich mir zusammenschusterte, habe ich den Rest der Woche ausprobiert und bei mir hat es
funktioniert.
Ich bekam nämlich raus, dass es wohl das süße Frühstück bei Ikea war, das mich so zugerichtet hatte. Denn bitteschön tierische Eiweiße und Weißzucker wirken sich
zusammen mit Mastodynie ganz schlecht aus.
Der nächste Artikel riet überdies vom Konsum salziger Speisen ab.
Ballaststoffreich dürfte die Ernährung sein, wenn es um Reis geht. Reistage sollte ich einlegen, aber bitte auf Mehl, also Brot verzichten. Ich könnte nun weiterhin
aufzählen, was frau* alles nicht dürfen soll. Doch ich selbst dachte etwa bei Artikel Nummer 6: »Okay, ich merke mir jetzt nur noch, was während Mastodynie gut ist.«
1. Kräutertee
2. Reis
3. Obst und Gemüse
4. Sport (bei dem die Brüste nicht wackeln)
Das war‘s!
Da ich auch nichts Gebratenes essen durfte, dämpfe und koche ich mir also seit sechs Tagen Reis mit Gemüse und esse Obst dazu. Zum Glück gibt es gerade
Wassermelone, die verschlinge ich statt Süßigkeiten. Ich salze wenig, scharf ist offensichtlich ebenfalls nicht gut. (Stellte ich fest, nachdem ich in einem vegetarischen Lokal Reis mit
gedämpften Pilzen gegessen habe. Aber vielleicht war einfach Ei in der Soße?)
Ja, die kleine Claudi macht ihren Haremshosen und dem Hipsterpüppel (Dutt) alle Ehre, denn sie ist gerade als Hardcore-Veganerin unterwegs. Wenn irgendwo Milch dran
war, meldet sich meine Mastodynie pünktlich wie ein Uhrwerk!
Im Selbstexperiment also liebe Damen und Sternchen konnte ich herausfinden, dass es funktioniert!
Wenn mich die Mastodynie das nächste Mal heimsucht, wenn ich im Büro bin, muss ich mir morgens Reis kochen und Gemüse dämpfen und das dann zum Mittag mitnehmen,
statt mir einfach lecker Nudeln zu holen oder mir ein Brot zu schmieren. Selbstmitgebrachtes Essen ist für die Kollegen immer sehr interessant, aber ich denke, sobald ich denen sage, dass das
Zeug nicht gesalzen ist, werden sie mich in Ruhe lassen.
Heute geht es mir übrigens besser, offensichtlich ziehen sich die Hormone zurück, meine Schenkel straffen sich, die Zysten in den Brustdrüsen schwellen ab, Brüste
und Bauch werden wieder klein. Da für den Abend etwas Romantik geplant ist, passt mir das ganz gut.
Ich hoffe, ich kann morgen dann auch endlich wieder laufen gehen!
Übrigens versuche ich dieses Symptom nicht als meinen Feind zu sehen. Ja, es bremst mich aus, es schwächt mich. Oder ich könnte sagen: es entschleunigt mich, bringt
mich dazu, auf mich zu achten. Natürlich ist es nervig und ich will schreien, vor allem wenn ich mitten in einer arbeitsreichen Zeit Mastodynie kriege. Doch lerne ich nach und nach, damit
umzugehen.
Mastodynie zwingt mich zu einer langweiligen, aber sehr gesunden Ernährung, dazu mal durchzuatmen und fünf Gänge runterzuschalten. Vielleicht kann ich ihr eines
Tages dafür dankbar sein.
Das wird in etwa der Tag sein, an dem ich Kaffee über habe und Schokolade mir nicht mehr schmeckt ...