Höchst verehrte Leser,
vor ein paar Monaten saß ich nichts böses plottend in meinem Büro und browste so vor mich hin, als auf dem Flur vor meiner Tür Gedränge entstand. Die übrigen Kollegen machten sich gleich auf zum
Mittagessen in die Kantine. Zuvor sammelten sie sich immer im Empfangsbereich unserer Abteilung und wie sooft spaßten sie herum.
Thema war heute: Die baldige Hochzeit von Kollegin C.
C ist evangelisch, vernahm ich aus dem Gespräch, und plante in einer nicht unerheblich prächtigen Kathedrale der Berliner Umgebung zu heiraten. Mein anderer Kollege M (katholisch) ereiferte sich
sodann über die Tatsache, dass in evangelischen Kirchen Hochzeitsküsse üblich waren.
C: »Bei euch nicht?«
M: »NATÜRLICH NICHT! Eine Hochzeit ist und bleibt eine heilige Messe!«
Klein-Claudi fragt sich so: Moment! Heißt das, ein Hochzeitskuss ist nix Christliches?
Meine Helden aus Rosenduft und Orchideen sind evangelisch und ich hatte mich besonders darüber gefreut, sie im Berliner Dom heiraten zu lassen. Jene Szene war bereits fertiggestellt mit
Kuss und allem Pipapo. Nun musste ich feststellen, dass das historisch vielleicht so nicht korrekt war.
Ich kontaktierte also meinen lieben Freund, den Archivar des Berliner Doms. Nachdem seine Grippe und sein Urlaub vorüber waren, sprachen wir 5 Wochen nach jenem Ereignis telefonisch und ich
erläuterte ihm mein Debakel. Er überlegte und fragte dann: »Wie kommen Sie eigentlich immer auf sowas?«
Seit wann ein evangelischer Hochzeitskuss üblich war, konnte er mir demnach nicht sagen und meinte stattdessen: »Das ist sogar eine theologisch-historische Angelegenheit - da sollten Sie unsere
Pröpstin kontaktieren!«
Klein-Claudi fasste sich also ein Herz, nahm all ihren Mut zusammen und atmete tief durch, ehe sie im Büro der Pröpstin von Berlin-Brandenburg anrief. Ihre Sekretärin fing mich ab, ich erläuterte
ihr mein Anliegen. Sie leitete es an den theologischen Grundsatzreferenten des Konsistoriums weiter. Dieser ging mir zuliebe in sich und konnte mir mitteilen, dass Hochzeitsküsse in Kirchen
tatsächlich erst in den 70er, 80er Jahren mit der Hollywoodwelle nach Deutschland kamen! Und er wies mich außerdem darauf hin, dass das Führen der Braut zum Altar durch ihren Vater auch eine
neumodische Erscheinung sei. Wie hätte ich DAS denn ahnen sollen?
Ich benötigte also eine genaue Agenda darüber, wie vor 100 Jahren bei uns geheiratet wurde. Die bekäme ich vielleicht im evangelischen Zentralarchiv, wurde mir gesagt.
So suchte ich mir also dort den Zuständigen und nach weiteren Warte-Wochen fand er Agenden, die mir helfen könnten. Eine von 1895 und eine aus dem Jahr 1928, und nachdem die beiden zwei
Weltkriege miterlebt hatten, wusste ich, wie froh ich sein konnte, dass diese Schätze überhaupt noch irgendwo lagen!
Letzten Donnerstag war ich im Lesesaal des Archivs, stiftete Unruhe, u.a., weil ich die hübschen Buchdeckel der Agenden fotografierte, und die vielen Verbotsschilder dazu geflissentlich übersehen
hatte, sprach noch mit Archivar und Bibliothekarin und sammelte mir mein Material.
Mir fiel auf: An meinen Hochzeitsszenen muss eine ganze Menge geändert werden!
Meine künstlerische Eitelkeit verbietet es mir aber, den geschriebenen Text einfach zu vernichten. Daher meine Idee: Sobald die neue Version existiert und eingepflegt ist, veröffentliche ich die
zwei noch völlig unveröffentlichten Textstellen hier auf meiner Webseite! Dann können Sie, wertgeschätzte Leser, gleich noch etwas mehr von meiner Arbeit kennen lernen und meine geliebten neuen
Helden erleben!
Davor blogge ich aber ein bisschen über diese Recherche! Viel Spaß und bis die Tage.
Ihre Claudi Feldhaus